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Themen

Nachgefragt und mitgedacht

In loser Folge erscheinen an dieser Stelle Stellungnahmen, Gedanken und Meinungen zu Themen der Energieversorgung.

24.11.2010

Wie Klima-neutral sind Kernkraftwerke?

Im Zusammenhang mit der kommerziellen Nutzung der Kernenergie wird der Vorzug vermiedener CO2-Emissionen hervorgehoben. Aber ist dem wirklich so?

Unbestritten ist die Tatsache, dass der thermische Kraftwerksprozess bei der Kernspaltung keine CO2-Emissionen verursacht. Hier besteht ein großer Unterschied zur Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas.

Insbesondere die Kette einzelner Schritte zum Herstellen des Kernbrennstoffs aus Uranbergbau, Auslaugen des Urans aus dem Gestein, Anreicherung und Herstellung der Kernbrennstäbe - und zahllosen Transporten zwischen den einzelnen Stationen - führt jedoch zu einem erheblichen Aufwand an fossilen Brennstoffen, die eben doch eine durchaus nennenswerte CO2-Belastung hervorrufen. Im Durchschnitt liegt ein Kernkraftwerk heute nicht besser, als ein Erdgas-betriebenes Heizkraftwerk.

Die auf die spätere Stromerzeugung zurückgerechneten Werte in Gramm CO2 pro Kilowattstunde Atomstrom variieren in verschiedenen Untersuchungen erheblich. Zu den wichtigsten Einflussgrößen zählt dabei der Urangehalt im abgebauten Gestein. Und hier liegt die eigentliche Crux bei zahlreichen Veröffentlichungen: Ein Erzgehalt von 1 % oder teilweise sogar darüber gehört einer weit zurückliegenden Vergangenheit an. Die wichtigsten Minen arbeiten heute mit 0,02...0,03 % (oder 200...300 g Uranerz pro Tonne Gestein).

Minerale mit noch geringerem Urangehalt (unter 0,01 %) können kaum als Energieträger gewertet werden: Der Energieaufwand zur Urangewinnung und Brennstoffproduktion erreicht (oder übersteigt!) die spätere Elektrizitätserzeugung. Die enormen Mengen an Material, die es abzubauen, aus dem Bergwerk zu transportieren und zu trennen gilt, übersteigen die Menge an Kohle, die für ein Kraftwerk gleicher Größenordnung benötigt werden, um ein Vielfaches. Auch Begleiterscheinungen wie Abraumhalden mit strahlendem (Rest-)Uran und Säure zur Zersetzung des Gesteins in kaum überschaubaren Ausmaßen sollten keineswegs übersehen werden. Die vollständige Untersuchung finden Sie unter http://www.stormsmith.nl (in Englisch).

Zum Abschluss noch ein Gedanke aus meiner Dozententätigkeit: Im Seminarraum sitzen 25 Teilnehmer aus 10 verschiedenen Nationen. In welcher Sprache (außer der Unterrichtssprache Englisch) würde eine Aufschrift "Vorsicht, strahlende Abfälle" von allen Anwesenden verstanden werden? Wie verhält es sich außerhalb des Campus? Und welches Hinweisschild wird in einer Million Jahren noch lesbar sein?

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